Als Irminsul wurde ein frühmittelalterliches Heiligtum bezeichnet, das in erster Linie für die Sachsen von hoher Bedeutung war.
Während der Sachsenkriege ließ Frankenkönig Karl der Große die Irminsul im Jahre 772 zerstören.
Bedeutung der Irminsul
Zu den höchsten Sinnbildern der germanischen Völker zählten die Sonne sowie die Weltensäule, die Irminsul (All-Säule) oder Yggdrasil (Weltenbaum, Welt-Esche oder Sonnenbahn-Drehsäule) genannt wurde.
Die heilige Säule stellten sich die alten Germanen als großen Baum vor.
Trotz regionaler Unterschiedlichkeiten verehrten sie stets das gleiche kosmische Prinzip der Weltenachse oder Weltenseele.
Dabei galt die Weltensäule symbolisch als Weltenachse, Himmelsstütze oder Himmelssäule.
Tausende von Jahren lang galt die Irminsul als Symbol für eine ganzheitlich-spirituelle Weltanschauung und Gottesvorstellung.
So stand sie für das dreieinige Prinzip von Allvater, Allmutter und Heiligem Geist.
Gemeint war damit eine prinzipielle Dreieinheit von Körper, Geist und Seele.
Die Irminsul oder Erminsul bildete zudem ein Symbol für die menschliche Göttlichkeit sowie der gesamten Schöpfung.
Sie bildete ein urnordisches Heiligtum, da sie die geistige mit der materiellen Welt zur Einheit verband.
Übersetzt bedeutete der Begriff Irminsul große (irmin) Säule (sul).
Standort der Irminsul
Über den genauen Standort oder das Aussehen der Irminsul ist nur wenig bekannt.
Es handelte sich bei der Irminsäule wohl um einem imposanten, riesigen Baum oder Baumstamm.
Darüber hinaus blieb unklar, ob es nur eine einzige Irminsul oder mehrere an verschiedenen Standorten gab.
Allerdings deuten die vorhandenen Quellen wie die fränkischen Reichsannalen auf eine einzige Irminsäule hin, die sich beim heutigen Obermarsberg im Sauerland in der Nähe der Eresburg befunden haben soll.
Die Eresburg
Angesiedelt war die sächsische Eresburg auf dem Tafelberg vom Obermarsberg, der eine Höhe von 390 Metern über dem Meeresspiegel erreichte.
Von der Burg, die strategisch günstig an zwei Flüssen lag und einen ausführlichen Blick auf das angrenzende Land ermöglichte, war die Kontrolle über die Irminsul möglich.
Ob sich die Irminsäule aber auch wirklich an der Eresburg befunden hat, ist noch immer unter den Historikern umstritten.
So gelten auch die Region um die Externsteine, der Desenberg bei Warburg, die Gertrudenkammer (Druidenhöhle) in den Teutoniaklippen im Eggegebirge, der Berg Velmerstot oder die Iburg bei Bad Driburg als mögliche Standorte.
Zerstörung des Heiligtums während der Sachsenkriege
Fakt ist, dass Frankenkönig Karl der Große während der Sachsenkriege mit seinem Heer zur Eresburg zog und sie in seinem Sommerfeldzug im Jahr 772 nach harten Kämpfen einnahm.
Dabei ließ er die Irminsul, die sich entweder direkt in der Burg oder in deren Nähe befand, zerstören.
Karls Kriegsziel war nicht nur die militärische Unterwerfung der Sachsen, sondern auch deren Christianisierung.
Die Sachsen sollten nach seinem Willen das Christentum annehmen und dem alten, heidnischen Glauben entsagen.
Da die Irminsul ein zentraler Bestandteil des alten germanischen Glaubens war, ließ der Frankenkönig sie zerstören, indem er sie in Brand steckte.
Dadurch wollte er den Sachsen die Überlegenheit der Franken bzw. ihres Glaubens beweisen.
An Stelle der Irminsul ließ Karl der Große ein Kloster bauen, dass als Abtei von Corvey bis ins Jahr 1803 Bestand hatte.
Im Jahr 779 erhielt Sturmius, der Abt von Fulda, von Karl den Auftrag, mit der Missionstätigkeit in der westfälischen Region von der Eresburg aus zu beginnen.
Im Winter 784/85 diente die Eresburg Karl zudem als Quartier.
Auch Papst Leo III. soll 799 auf seiner Reise zu König Karl dort einige Tage lang Zwischenstation gemacht haben.
Verschärfung des Konflikts
Für die Sachsen bedeutete die Zerstörung ihres größten Heiligtums einen schweren politischen Schlag, da die Irminsul auch ihren bedeutendsten Versammlungsplatz darstellte.
Die Vernichtung der Irminsul stachelte die Sachsen erst recht zu offenen Aufständen gegen die Franken an, die mit größter Erbitterung geführt wurden.
Für die Sachsen bedeutete das Ende der Irminsul außerdem einen Angriff auf ihre Verfassung, denn ein Königtum wie bei den Franken gab es bei ihnen nicht.
Durch das Zerstören des Heiligtums, das den wichtigsten Thingplatz der Sachsen bildete, war das sächsische Parlament de facto aufgelöst worden. So kamen also religiöse und politische Motive zusammen.
Die Aufstände flammten trotz Karls wiederholter militärischer Erfolge immer wieder auf und dauerten bis ins Jahr 804 an.
Neben seinen Repressionen gegen die Sachsen wie zum Beispiel Verbannungen reichte er ihnen aber auch die Hand zur Versöhnung, sodass schließlich Frieden einkehrte und das Gebiet der Sachsen ins Frankenreich eingegliedert werden konnte.
Unterschiedliche Interpretationen der Irminsul
Die genaue Bedeutung der Irminsul für die Sachsen blieb bis heute unklar.
Im Mittelalter kam es immer wieder zu unterschiedlichen Interpretationen. So wurde zum Beispiel angenommen, dass an der Säule die Götter Hermes (Mercurius) oder Mars (Ares) angebetet wurden.
Auch in der heutigen Zeit findet die Irminsul an verschiedenen Stellen in Form von Wandmotiven, Amuletten, Tätowierungen oder Tischaufstellern noch Beachtung.