Der englische Diakon Alkuin zählte zu den wichtigsten Gelehrten des frühen Mittelalters.
Er diente Karl dem Großen als Berater.
Herkunft Alkuins
Geboren wurde Alkuin im Jahr 735 in dem kleinen englischen Königreich Northumbria. Er entstammte einer vornehmen Familie, die in York lebte. Seine Ausbildung genoss er bereits als Kind in der dortigen Kathedralschule, die damals eines der wichtigsten Bildungszentren von Europa darstellte. York soll sogar über die umfangreichste Bibliothek des europäischen Kontinents verfügt haben.
An der Schule stellte sich schon bald das große Talent Alkuins heraus. Später stieg er zum Lehrer auf und brachte es im Jahr 766 zum Leiter der Kathedralschule.
Zu seinen Schülern gehörte u. a. Liudger (742-809), der als Apostel der Friesen verehrt wurde. Unter Alkuins Leitung verbreitete sich der gute Ruf der Kathedralschule von York bis auf das europäische Festland. Um der Schule neue Bücher zu beschaffen, begab sich Alkuin immer wieder in andere Länder.
Alkuin trifft auf Karl den Großen
Zur ersten Begegnung mit dem Frankenkönig Karl dem Großen kam es 781 in der italienischen Stadt Parma, als sich der Monarch auf seiner Romfahrt befand. Von Karl wurde Alkuin an dessen Hofschule in Aachen, die zur Hofkapelle gehörte, eingeladen. So suchte der wissbegierige Karl stets nach neuen Gelehrten.
Schließlich sagte Alkuin zu und traf 782 in Aachen ein. Dort übernahm er die Leitung der Hofschule und beeinflusste auf diese Weise die Oberschicht des Frankenreiches. Zuerst erteilte Alkuin Karl selbst sowie dessen Söhnen und Freunden Unterricht. Auch Karls Schwestern und Töchter fanden Aufnahme in den Kreis, der Akademie genannt wurde.
Alkuin an der Hofschule
Es dauerte nicht lange, bis die Hofschule zur zentralen Bildungseinrichtung des Frankenreiches aufstieg. So erhielten dort die begabtesten Schüler Unterweisung. Alkuin lehrte nicht nur Wissen und die Heilige Schrift, sondern vermittelte seinen Zöglingen auch Kultur und Kunst.
Viel aus dem Lehrstoff stammte von den griechischen und römischen Philosophen sowie von dem bedeutenden Kirchenlehrer Augustinus.
Wichtige Fächer, in denen Alkuin unterrichtete, waren Rhetorik, Grammatik, Dialektik, Geometrie, Arithmetik, Musiktheorie sowie Astronomie. Dabei legte der Gelehrte großen Wert darauf, dass seine Schüler den Unterrichtsstoff nicht einfach nur auswendig lernten, sondern ihn auch wirklich verstanden. Außerdem sollten sie nach der Vernunft streben.
Von Alkuin lernte Karl zudem die Haupttugenden der Philosophie der Antike. Dazu gehörten vor allem Maßhalten, Gerechtigkeit, Mut und Intelligenz. Karl erstaunte es, dass die antiken Philosophen diese Werte vertraten, die von den Christen jedoch immer wieder missachtet wurden.
Für Alkuin war es kein Problem, die christlichen Vorstellungen und die antiken Lebensregeln miteinander zu verknüpfen. Dabei schuf er ein Erziehungsprogramm, das die Moral der Führungsschicht des Frankenreiches anheben sollte. So stand es in jenen Tagen mit der Moral vieler Kleriker nicht zum Besten. Aber auch die Bildung der einfachen Priester gedachte Alkuin zu verbessern.
Kontroversen mit Karl
Trotz der guten Beziehung zu Karl dem Großen war Alkuin nicht immer mit allem einverstanden, was der Monarch tat. Zum Beispiel kritisierte er die Zwangstaufen während der Sachsenkriege. Es war ihm wichtiger, die betroffenen Völker durch wirkliche Überzeugung für das Christentum zu gewinnen. Auch die Anwendung von Gewalt lehnte der Gelehrte ab. Allerdings schaffte es auch Alkuin trotz seiner umfangreichen Bildung nicht immer, sich gegen Karl durchzusetzen.
Admonitio generalis
Zu den bekanntesten Kapitularien Karls des Großen gehörte die Mahnschrift Admonitio generalis. Einer der wichtigsten Verfasser dieses Sendschreibens an den Klerus und das Volk war Alkuin.
Die Admonitio generalis enthielt ein Reformprogramm mit kirchlichen Vorschriften für das Frankenreich, in dem viele Regionen noch heidnisch geprägt waren. Es wurde angeordnet, dass die Bischofssitze und Klöster Schulen einrichten mussten.
Darüber hinaus enthielten zahlreiche Schriftstücke an den Papst den Geist Alkuins. In unruhigen Zeiten verweilte der Diakon wieder vorübergehend in Northumbria und York, wo er als Botschafter fungierte.
Alkuin in Tours
Im Jahr 796 stieg Alkuin, obwohl er nur Diakon war, zum Abt der Benediktinerabtei in Tours auf. So sorgte er für die Belebung des Mönchdaseins und dafür, dass die Abtei einen guten Ruf auf der ganzen bekannten Welt erhielt.
Alkuin arbeitete unermüdlich. Unter anderem verfasste er ein Epos über die Heiligen der Kirche, Heiligenviten sowie liturgische Schriften. Außerdem wurden die Biographien von Richarius von Centula sowie Vedastus vom ihm überarbeitet.
Weiterhin schrieb er Lehrbücher über Rhetorik und Dialektik, didaktische Schriften, Briefe und Bibelkommentare. Darüber hinaus sind 383 Gedichte von Alkuin bekannt.
Aus seiner Korrespondenz mit Karl dem Großen blieben 232 Briefe erhalten. Sie zählen zu den wichtigsten Quellen für die Ereignisse jener Zeit.
Alkuin und die Minuskel
Regen Anteil hatte Alkuin außerdem an der neuen Schrift, die als karolingische Minuskel bezeichnet wurde. Sie enthielt viele Elemente der lateinischen Handschrift und stellte bis ins 12. Jahrhundert die Buch- und Urkundenschrift dar, die am häufigsten Verwendung fand. Die Minuskel galt auch als Vorläufer der gegenwärtigen Kleinbuchstaben.
Ein bedeutendes Zeugnis war die Alkuinbibel, die Karl der Große Weihnachten 800 von Alkuin anlässlich seiner Kaiserkrönung in Rom erhielt.
Darüber hinaus wurde Alkuin als Begründer der karolingischen Renaissance angesehen.
Letzte Jahre
Im Jahr 802 verfasste Alkuin zum Großen Konzil von Aachen die Schrift „De fide sanctae et individuae Trinitatis“, die er Kaiser Karl widmete. Von ihm wurde auch das Allerheiligenfest eingeführt.
Die positive Bedeutung Alkuins für das Frankenreich konnte nicht hoch genug eingeschätzt werden. So war es ihm zu verdanken, dass West- und Mitteleuropa wieder Bildung erhielten.
Alkuin war durchaus klar, dass Karl seiner Zeit weit voraus eilte und seine Reformen nicht an allen Orten gelingen konnten, da es zu wenige aufgeklärte Staatsdiener und nicht genug passende Infrastruktur im Reich gab.
Am 19. Mai 804 starb Alkuin in Tours.